Leseprobe  
        Hier finden Sie eine kleine Leseprobe aus meinem Buch "Klatschmohn"
     Es handelt sich um die Geschichte "Der Männergesangsverein"


Der Männergesangverein

Den Stammtisch in der kleinen Dorfkneipe „Zum frommen Lamm“ gab es schon seit mehr als
zwei Jahrzehnten, und so war er auch ein fester Bestandteil derselben.
Fester Bestandteil waren natürlich auch die Gäste, die sich dort regelmäßig jeden
Donnerstagabend um 2o.oo Uhr trafen. Es waren acht an der Zahl; Lehrer Schwarz, der
Ortsvorsteher Hofer,  Polizeiinspektor Kolbe, Bauer Ludwig, Bauer Wiesner, Kaufmann
Steiger, der Bäcker Hilpert und Herr Reichmann, freischaffender Künstler, wie er sich nannte.

Es waren immer wichtige Sitzungen, in denen es um das Wohl des Dorfes ging. So
rechtfertigte man sich zumindest gegenüber den daheimgebliebenen Ehefrauen und hoffte
auch auf deren Verständnis, wenn dann der Heimweg erst zu sehr später Stunde erfolgte.
In Wirklichkeit verliefen die Abende in feucht fröhlicher Runde beim Kartenspiel, bei dem
man natürlich keinen Durst aufkommen ließ.

Dass der Alkohol ja alle möglichen Geister entweder verwirren oder aufrütteln kann, ist
bekannt. In diesem Fall muss er sie wohl aufgerüttelt haben, denn wie wären sonst die
Stammtischgenossen plötzlich auf die Idee gekommen, einen Gesangsverein ins Leben zu
rufen. Vorausgegangen war bei allen wohl der lange Abend und die vielen Gläser, in die man
zu tief hineingeschaut hatte. Die allein hatten die Zungen gelöst und die „ musikalischen
Talente“ zum Vorschein gebracht. Der Wirt hielt sich die Ohren zu bei diesem schrecklichen
Gelalle und dem „Mord an dem deutschen Volkslied“ wie er es nannte.

Wenn da nicht traditionsgemäß eine Woche später zur selben Zeit am selben Tag in derselben
Runde wieder alle am gleichen Tisch gesessen hätten, wäre diese Idee mit dem Gesangverein
bestimmt in Vergessenheit geraten. Im Laufe der Woche hatte niemand mehr darüber
gesprochen, keiner erinnerte sich auch mehr so genau an das Vorhaben.

Umso mehr jedoch der Wirt. Kaum hatten die Männer auf ihren Stühlen Platz genommen, war seine  Frage: „Na, wie steht’s jetzt mit eurem Gesangsverein?“ Zunächst  warf man dem Wirt 
ungläubige Blicke zu, doch dann kehrte allmählich das Erinnerungsvermögen der
vergangenen Woche bei allen zurück. „Ihr wollt doch jetzt nicht kneifen“, waren die
eindringlichen Worte des Wirts. „So ein Männergesangsverein wäre eine Bereicherung für
unser Dorf.  Denkt nur an die vielen Hochzeiten, Silberhochzeiten, Geburtstage, Jubiläen und
was es sonst noch alles für Anlässe geben mag.“

Die wohlbedachte Überlegung des Wirts stimmte die Männer sehr nachdenklich. Dieser ließ
sogleich eine Runde Bier herbeibringen, da es sich ja bekanntlich besser mit einem Glas in
der Hand über so ein wichtiges Thema diskutieren lässt. Von der Ironie des Wirts allerdings,
der sich schon insgeheim ins Fäustchen lachte, bemerkten die Männer Gott sei Dank nichts.

Zunächst wurde einmal abgestimmt, ob allerseits bei der Stammtischrunde Interesse bestünde, und als dieses erfreulicherweise ohne Ausnahme bejaht wurde, war der Grundstein somit für
den Verein schon gelegt und sofort mit einer Runde Korn besiegelt. Jetzt galt es erst einmal
einen Vorstand zu wählen. Das sollte der Lehrer, Herr Schwarz, sein. Er sollte sich auch um
die Lieder kümmern, mit denen man die Dorfbevölkerung beglücken wollte. Er sei ja an der
Quelle, so sagte man ihm, von wegen der Schulkinder und so…  Den Einsatz solle dann
jeweils Polizeiinspektor Kolbe geben, das dürfe doch sicher für ihn nicht schwer sein. Ein
schönes Plakat mit der Aufschrift  „Männergesangsverein Linnenberg“ brauche man ebenfalls
und das solle natürlich Herr Reichmann mit seiner künstlerischen Begabung  malen. Für die
Einteilung der Übungsstunden erklärte sich der Kaufmann, Herr Steiger, bereit, und der
Ortsvorsteher Hofer versprach, mit dem Pfarrer zu reden, ob man eventuell den kleinen Saal
neben der Kirche für die Übungsstunden nutzen könnte.

Wie diese Geschichte weiter geht, erfahren Sie in meinem Buch.

                                             Das Buch "Klatschmohn"
                                          ist als Taschenbuch erschienen 
                                                 im HolzheimerVerlag, 
                                   ISBN 978-3-938297-58-2, EUR 11,-